OPENING! Festival 08
Internationales Festival für Musik / Performance / Tanz / Sprache / Medien
5. bis 7. Dezember 2008
Tuchfabrik Trier
Stimme erheben!
Aus dem Mund purzelnde real time Geschichten, angereichert mit klangvollen Rezepten aus Frankensteins Kühlschrank, servieren uns LOOSLI LOUNGE am Freitagabend und eröffenen mit diesem Konzert das OPENING! Festival 08. Die Gruppe WHITE HORSE nimmt uns mit ihrer Tanzperformance und weit aufgerissenen Mündern auf einen Begeisterungs-TRIP mit, von dem auch das Publikum schweißgebadet zurückkehren wird.
Für DIE ABSTIMMUNG am Samstag sind Sie selbst zur Mund- und Mitarbeit aufgerufen: bereits ab 11. November bis 1. Dezember steht im Glastreppenhaus der Tuchfabrik eine Kabine zur Stimmabgabe bereit, und das ist im wörtlichen Sinne gemeint: denn dort werden über drei Wochen hinweg Aufnahmen der Stimmen der Trierer Bevölkerung gesammelt (also Ihre Gesänge, Geschichten, Laute, Worte, Töne, Gelächter, Schreie, Flüstern), um diese dann am Samstagabend als im wahrsten Sinne des Wortes vielstimmige Komposition im Konzert erklingen zu lassen. Anschließend bereitet das Moll'sche SKLAVENSCHIFF Heinrich Heines gewitzer und scharfkritischer Zunge einen ebenso feinsinnigen wie ausdrucksstarken multimedialen Rahmen.
Wir krönen das Ganze am Sonntagnachmittag mit einem Werkstattgespräch mit HANNA HARTMAN, die für ihre Lautsprecherkompositionen den Dingen und Gegenständen dieser Welt ihre Stimme ablauscht, um daraus die erstaunlichsten Klangmontagen zu formen. Und wir, das Publikum, bleiben mit verzückten Mündern zurück...
Freitag, 05.12. | 20 Uhr | kleiner Saal:
LOOSLI LOUNGE:
Frankenstein's Fridge
Jonathan Loosli: Sprecher
Janko Hanushevsky: E-Bass
Eva Pöpplein: Computer
Die drei unternehmen eine gemeinsame Wanderung auf dem schmalen Grat zwischen Sprache und Musik. Der Sprecher Jonathan Loosli bewegt sich in den Klanglandschaften aus präpariertem E-Bass und Elektronik, wobei Pöpplein mitunter auf seine Stimme, sowie auf den E-Bass elektronisch zugreift und sie klanglich verändert. Er lässt seinen Gedanken freien Lauf, artikuliert zu der Musik assoziierte Bilder und entwickelt daraus in real-time kurze Geschichten und fiktive Dialoge. Die Musik wiederum reagiert auf die textlichen Inhalte, Sprache und Musik durchdringen und dynamisieren einander, und es entsteht ein äußerst unterhaltsames Hörkunsterlebnis, das eine – klanghafter Musik oft innewohnende – humorvolle, höchst amüsante Energie freisetzt.
Als Rahmen umfasst diesen Vorgang eine Reihe von komponierten musikalischen Kurzthemen und ausgewählten Texten, mit denen Loosli Lounge im Verlauf des Abends auf unterschiedlichste Weise umgeht. Die drei bedienen sich in Dr. Frankensteins Kühlschrank und finden so unterschiedliche Zutaten wie Lexikoneinträge zum Eruptionsverhalten von Vulkanenaus dem neunzehnten Jahrhundert, die sie auf phantasievoll abgewandelte Anleitungen zur Zubereitung von Schweineherzen aus einem berühmten französischen Kochbuch der 1970er Jahre treffen lassen. Dabei geht es wieder um das Untersuchen von Sprache im musikalischen Kontext – das Erforschen des Klangs und dem Spielen mit Semantik.
Eva Pöpplein
Jonathan Loosli
Janko Hanushevsky
Freitag, 05.12. | 21 Uhr | großer Saal:
WHITE HORSE:
Trip
Performance:
Christoph Leuenberger, Xavier Fontaine, Lea Martini
Sound: Coordt Linke
Outside eye: David Weber Krebs
Bühnenbild: Theresia Knevel
Konzept & Choreografie:
Christoph Leuenberger, Julia Jadkowski, Lea Martini
Kill deinen Schweinehund
Es lebe: DER TOTALE TRIP
Es beginnt mit dem Umdrehen vonHimmelskörpern.
Wir stehlen große Gesten von Kampfesgeist und Pathos. Wir leihen uns revolutionäre Körper aus der Vergangenheit und pressen ihren Schweiß aus auf Spurensuche nach Erinnerungen und Utopien.
Zwischen Euphorie und banalen Zuckungen verausgaben wir uns auf dem Schlachtfeld einer Revolution, auf deren Ideologie sich nicht berufen lässt.
Nach allen Tränen heulen wir uns leer und lachen uns kaputt, gehen weit bis Sinn verschwimmt, der Taumel aber bleibt.
Der Trip beginnt
am Ort danach
im Jetzt, in dem der Körper ohne Ziel aber voller Sehnsucht Fragen stellt.
Welche Form der Hingabe geben, wenn man nicht weiß wofür?
„White Horse“ ist ein von Christoph Leuenberger, Lea Martini und Julia Jadkowski gegründetes Kollektiv, dem die Erforschung heiler und anderer Realitäten am Herzen liegt. Alle drei studierten unter anderem an der School for New Dance Development (SNDO) in Amsterdam. Sie verstehen sich als Laboratorium, in dem der Körper Resonanzort und fehlbarer Seismograph widersprüchlichen Zeitgeschehens wird.
TRIP ist eine Produktion von FREISCHWIMMER, Plattform für junges Theater 2008,
ein Gemeinschaftsprojekt von Sophiensaele Berlin, Kampnagel Hamburg, FFT Düsseldorf, brut Wien und Theaterhaus Gessnerallee Zürich.
Unterstützt von der School for New Dance Development und Theater Gasthuis Amsterdam
Samstag, 06.12. | 19 Uhr 30 | kleiner Saal:
PHILIPP LÄNG / SIMON HO:
Die Abstimmung
Philipp Läng: Konzeption, Perkussion, Installation
Simon Ho: Piano
Der Schweizer Musiker Philipp Läng hat ein Projekt gestartet, das, ganz in Helvetischer Manier, "Die Abstimmung" heisst. Dass dabei auch nicht-schweizerische Stimmen gefragt sind, hat damit zu tun, dass bei dieser Abstimmung nicht Ihre Meinung über irgendetwas gefragt ist, sondern Ihre STIMME selbst. Und wirklich die Stimme. Ein Aaaah oder Ooooh oder auch ein Schnalzen oder Zischen, oder ein Wort, eine Melodie...
In der Schweiz wurden schon einige Hundert Stimmen gesammelt, nun dehnt sich die Abstimmung aus und sammelt auch in andern Ländern. Kultur grenzüberschreitend. Darum steht ab dem 11.November 2008 im Glastreppenhaus der TUFA ein Abstimmungs-Automat. Dort können Sie bis zum 1. Dezember Ihre ganz persönliche Stimme abgeben. Das heisst, Sie singen einen Ton; sagen ein Wort oder einen Satz oder eine kleine Geschichte; oder Sie räuspern sich oder flüstern oder schreien...jeder Beitrag zählt.
Aus diesen gesammelten Klängen gestalten Philipp Läng und Simon Ho am Samstag, 6. Dezember ein Konzert. Da werden Sie die Stimmen (also auch Ihre) als Chor hören, oder als Solisten eingebettet in die poetischen Pianoklänge von Simon Ho und die speziellen Klanglandschaften und Grooves des Perkussionisten und Instrumentenerfinders Philipp Läng.
Zudem ist im Nebenraum des Festivalcafés im 1. OG der TUFA eine Klanginstallation zu erleben, die während der Festivaltage die gesammelten Stimmen erklingen lässt. Man wird staunen, aber auch schmunzeln darüber, was die zwei Musiker mit den Stimmen alles anstellen.
Und wer seine Stimme abgegeben hat für dieses Projekt, kann sie dann auch bald im Internet finden. Dort wird nämlich an einem Pool für all die Stimmen gearbeitet. Das nennt sich dann, auch einigermaßen schweizerisch, die Stimmbank.
Philipp Läng
Simon Ho
KLANGINSTALLATION
und im Raum neben dem Festivalcafe war die Klangisnstallation von Philipp Läng zu erleben, die er aus aufgenommenen Stimmen gestaltet hat.
Samstag, 06.12. | 21 Uhr | großer Saal:
DAS MOLL'SCHE GESETZ:
Heines Sklavenschiff
Udo Moll: Trompete, Harmonium, electronics; Komposition, Konzept
Matthias Muche: Posaune, Melodica, Ragabox
Sebastian Gramss: Kontrabass, Melodica
Matthias Scheuring: Sprecher
Luis Negron van Grieken: live video manipulation
Heines Sklavenschiff pendelt als Text wunderbar zwischen grimmigem Humor, Satire und gnadenloser Sozial- und Kapitalismuskritik. Trotzdem sind extrem lyrische, zarte Bilder enthalten und etliche burleske Szenen. Die Form als episches Gedicht gibt bereits eine Strukturierung vor, die mit den klaren Strukturen der mollschen Musik verzahnt und in Engführung gehalten wird.
Die Musik ist in Teilen komponiert, von Moll, Schumann, Schubert, Skempton, es werden aber immer wieder durch Improvisation Fenster ins Unvorhersehbare geöffnet.
Die Arbeit des Videokünstlers ist in Ihrer Entstehung live auf der Bühne mitzuverfolgen und beschäftigt sich mit der Wiederentdeckung des Mythos und der Aspekte von Zauberei bei der Erschaffung von Bildern aus Licht und Schatten. Die hierbei benutzte Maschinerie ist ein Prototyp einer Laterna Magica, die aber neben analogen (Folien, Zeichnungen...) auch digitale Bilder benutzt. Dadurch gewinnt die Videoarbeit einen handwerklichen Charme und eine auratische Qualität, die vielen rein digitalen Produktionen heutzutage fehlt.
das mollsche gesetz wurde im Sommer 2004 als improvisatorisches Forschungsprojekt gegründet. Die beiden maßgeblichen Gesetze, die seither gelten, lauten: 1. kein Stück dauert länger als 60 Sekunden und 2. auf jedes Stück folgt eine Pause in derselben Länge (wie das Stück...)
Diese ebenso einfachen wie radikalen Regeln verändern die Art und Weise, wie Musik entsteht, massiv. Sie fordern größtmögliche Klarheit, Pointierung, schnelle Entscheidung und bewirken eine Fokussierung auf den Moment. Die Pausen laden dazu ein, den Fokus von ganz scharf auf unendlich zu stellen, sie sind die Resonanzräume in der Zeit.
das Mollsche Gesetz
Sonntag, 07.12. | 17 Uhr | großer Saal:
HANNA HARTMAN
aus dem Hörkästchen geplaudert
Die schwedische "Sound Artistin" Hanna Hartman hat eine ihr eigene Klangsprache entwickelt: ausschließlich aus O-Ton-Material, das die Künstlerin auf der ganzen Welt aufzeichnet und sammelt, sind ihre Kompositionen gemacht. Allerdings entkoppelt sie die Klänge von ihren urspünglichen Kontexten, wodurch sie pur und konzentriert wahrgenommen werden können. Hanna Hartman macht dadurch versteckte Übereinstimmungen zwischen den unterschiedlichsten Klängen hörbar und komponiert eine Musik, in der durch neue Konstellationen von z.B. knarrendem Holz, Reißverschlüssen, Wassergeräuschen oder auch Aufnahmen einer umhersurrenden Fliege außergewöhnliche Klangwelten entstehen.
Hanna Hartman wird Ausschnitte ihrer Arbeit vorstellen, hat aber auch ein Mikrofon mitgebracht, um live ihre Arbeitsweise zu demonstrieren und ist natürlich für Fragen aus dem Publikum offen.
Hanna Hartman